Ich bin bereits seit 2012 beruflich in Social Media unterwegs, habe den Abschluss zum Social Media Manager (ILS) gemacht und liebe meinen Beruf immer noch wie am ersten Tag. Und trotzdem begegnen mir immer wieder diese verwunderten Blicke, wenn ich versuche zu erzählen was ich beruflich mache. Es geht vielen anderen Social Media Managern genauso, das weiß ich. Und ja, das ist schon besser geworden in den letzten Jahren.

Aber trotzdem spüre ich, dass Social Media und Andrea, so wie viele mich kennen, eine Kombination ist, die in ihrer Vorstellung schwer zusammenzubringen ist.

Warum? Na ja, drücken wir es mal so aus….ich bin ein sozialer Typ. Meist freundlich, hilfsbereit, diplomatisch und nicht sonderlich auf Konfrontation aus. Leben und leben lassen ist meine Devise. So bin ich und das nehmen auch die Menschen aus meiner Umgebung meistens so wahr.
All diese Eigenschaften stimmen in der Vorstellung vieler Menschen nicht mit dem überein, was sie von Facebook, Instagram & Co. erwarten.

Wie können Medien denn sozial sein?

„Wie können Medien denn sozial sein?“ Das war mal die abfällige Bemerkung auf meine Antwort hin, was ich beruflich mache. Ja, wenn man Social Media und die Zusammenhänge nicht kennt, könnte das einem schon etwas suspekt vorkommen. Vor allem bei all dem was man sonst noch über Social Media in den Medien hört.

Was denkst du? Gibt es nur gute oder nur schlechte Menschen? Du wirst mir sicherlich recht geben, dass irgendwie beides in jedem Menschen angelegt ist. Wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung.

Und so verhält es sich auch mit Social Media. Ja, es hat seine Schattenseiten, aber es hat auch soooo viel Gutes. Und du merkst es vielleicht schon, bei mir überwiegt der Anteil den ich an positiven Aspekten in Social Media sehe enorm.

Ist das Glas halb leer oder halb voll?

Es ist eigentlich ganz einfach, die Dinge sind wie wir sie sehn – auch in Social Media. Ist das Glas halb leer oder halb voll?

So kann ich Social Media auch dazu nutzen, um in Zeiten von Social Distancing, Kontakt zu meiner Familie, meinen Freunden, meinen Kunden und Kollegen zu halten.

Oder ich kann Social Media dazu nutzen, um auf meinem Profil und in sämtlichen Facebook-Gruppen, über die Ungerechtigkeit und die Unfähigkeit der Politik in Zeiten von Corona zu schimpfen.

Ich kann mich mit anderen so viel über die unterschiedlichsten Verschwörungstheorien austauschen, bis diese zu meiner Realität werden.

Ich kann aber auch wunderbar über andere schimpfen, die sich nicht zu 100 % an die Abstands- und Hygienemaßnahmen gehalten haben.

Oder ich kann Social Media auch dazu verwenden, um meinen Zynismus voll und ganz auszuleben.

Social Media – ein riesiges volles Klassenzimmer

Für mich ist Social Media manchmal ein riesiges volles Klassenzimmer. Dort sind sie alle vertreten: Streber, Petzen, Freaks, Außenseiter, Mauerblümchen, Revolutionäre, Prahler, Anführer und dann natürlich noch die Mitläufer. Die suchen sich dann irgendwie die Gruppierung zu der sie sich am nächsten fühlen. Gruppierungen geben dem ganzen System ja irgendwie auch Sicherheit, Struktur und Halt.

Und wo ist der Lehrer? Der Lehrer hat die Macht, oder? Er kann jemanden rausschmeißen oder mit Strafarbeit drohen. Oder sucht er vielleicht in der Pause das Gespräch zu den Schülern? Sucht er nach Lösungen oder diktiert er nur auf?
Hat er ein offenes Ohr? Sucht er nach Verständnis? Oder geht er vielleicht auf Distanz und droht mit Strafe?

Die Welt ist aus den Fugen geraten, da gibst du mir sicherlich recht, oder? Und im Social Media Klassenzimmer geht es drunter und drüber.

Du hast es selbst in der Hand

Aber es gibt einen Unterschied zu einem brodelndem Klassenzimmer im Real Life – in dem ich der Lautstärke, den Hänseleien oder Aggressionen der anderen ausgesetzt bin und dadurch selbst ganz hippelig, depressiv oder aggressiv werde.

Der große Unterschied ist, dass ich mir selbst aussuchen kann, ob ich da mitmache und wie weit ich gehe. Ich kann mir aussuchen was ich hören will. Ich kann mir aussuchen mit wem und in welcher Intensität ich mich vernetzen will. Ich kann es mir erlauben, mich nicht zu einem bestimmten Thema zu äußern. Ich kann den Schreihälsen einfach nicht mehr zuhören und ich kann den Troll blockieren.

Er hat keine Macht mehr über mich, wenn ich sie ihm nicht gebe. Und es ist für mich eine der größten Herausforderung unserer Zeit damit umzugehen!

Große Macht bedeutet große Verantwortung

Nenn mich gerne einen Freak, aber ich bin wie bereits erwähnt seit 2012 in Social Media beruflich unterwegs und habe einiges erlebt und viel gesehen. Unter anderem auch Visionäre rund um die sozialen Netzwerke.
Ich denke da zum Beispiel an das Cluetrain Manifest, in dem bereits im Jahr 1999 95 Thesen über das Verhältnis von Unternehmen zu ihren Kunden, im Zeitalter des Internets, verfasst wurden. Oder auch Peter Kruse – als er 2010 im Bundestag zum Thema „Auswirkung der Digitalisierung auf unsere Gesellschaft“ sprach.
Dieses Video hat gerade in unserer Zeit mehr Aktualität denn je. Der Schlusssatz von Peter Kruse lautet:
Wenn wir uns die Frage stellen, was müssen wir ändern, bin ich durchaus bereit mich entspannt zurückzulehnen. Weil diese Systeme werden solche Dynamik entfalten, dass wir es uns nicht leisten können uns nicht zu ändern.
(Peter Kruse – Zukunftsforscher und Organisationspsychologie)

Was wir brauchen ist mehr Empathie

Um die sozialen Medien richtig zu nutzen und zu verstehen bedarf es soziale Kompetenzen und viel Empathie. Wir müssen bereit sein, über unseren eigenen Tellerrand hinauszublicken. Offen für andere Meinungen sein. Aufhören die Menschen in eine Schublade zu stecken, nur damit wir uns sicherer fühlen. Es gibt nicht nur schwarz und weiß. Das Internet ist bunt, wir müssen es nur zulassen und verstehen.
Social Media geht uns alle an – egal ob Privatperson, Unternehmen oder die Politik. Wir alle müssen lernen verantwortungsvoll damit umzugehen um es zu einem guten Platz zu machen.
Einen Platz bei dem auch der Leise einen Platz hat, der Unsichere sich zeigen kann, der Verletzte sich öffnen kann und der Kreative sich ausleben darf. Wir alle können dort sein, wie und wer wir sind – wenn wir es zulassen! Das wünsche ich mir!